Für Waldeigentümer gelten günstigere Haftungsbestimmungen.
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte vor einiger Zeit einen interessanten Fall zum Spannungsfeld von nachbarrechtlicher Haftung für Bäume und forstrechtlicher Haftungsfreiheit zu entscheiden (9 Ob 7/18x): Ein offensichtlich morscher Waldbaum stürzte bei einem Sturm auf das bebaute Nachbargrundstück und beschädigte dort einen Zaun und ein Gartenhaus. Der geschädigte Nachbar begehrte Schadenersatz und stützte sich auf nachbarrechtliche sowie allgemeine haftungsrechtliche Rechtsnormen.
Zustand der Bäume regelmäßig überprüfen
Tatsächlich unterliegt der Eigentümer eines Baums in bestimmten Fällen der Haftung nach § 1319 ABGB. Ist der Baum krank oder morsch und erleidet jemand (durch herabfallende Äste, durch Umstürzen des Baums usw.) einen Schaden, so ist der Eigentümer haftbar, wenn ihm der schlechte Zustand des Baums bekannt war oder bekannt sein musste.
Daher ist der Eigentümer gut beraten, den Zustand seines Baums in regelmäßigen Abständen zu überprüfen, morsche Äste, die eine Gefahr für Dritte darstellen könnten, zu entfernen oder den Baum nötigenfalls zu fällen, wenn er erkennt, dass dieser eine Gefahrenquelle für andere darstellt.
Kommt der Eigentümer seinen Sorgfaltspflichten nach und tritt dennoch ein Schadensfall ein (wenn z. B. ein gesunder Baum bei einem heftigen Sturm auf ein Nachbarauto stürzt), so bleibt er zumeist haftungsfrei.
Erleidet jemand im Wald einen Schaden durch einen Baum, so bleibt der Waldeigentümer haftungsfrei. Wer also vom allgemeinen Betretungsrecht des Waldes Gebrauch macht und sich abseits von öffentlichen Straßen und Wegen aufhält, tut dies auf eigene Gefahr. Hingegen haftet der Waldeigentümer entlang solcher Straßen und Wege wieder für Schäden durch den Bewuchs wie oben dargelegt, jedoch nur für grobes Verschulden.
Grundstück grenzt an den Wald
Der Rechtsfall, den der OGH zu beurteilen hatte, betraf Schäden auf einem bebauten Grundstück, das unmittelbar an eine Waldparzelle angrenzt. Dabei war als Rechtsfrage zu beurteilen, ob den Eigentümer des umgestürzten Waldbaums die allgemeine nachbarrechtliche Haftung trifft, die ihm eben bestimmte Sorgfaltspflichten auferlegt (sogenannte Verkehrssicherungspflichten zur Beseitigung von Gefahrensituationen), oder ob er vom forstrechtlichen Haftungsprivileg des §176 ForstG profitiert, das eine räumlich beschränkte Haftung nur entlang von öffentlichen Straßen und Wegen vorsieht.
Der OGH sah im gegenständlichen Fall keinen „besonderen Rechtsgrund“ für eine Gefahrenabwehrpflicht, da keine menschlich geschaffene Gefahrensituation vorlag: Das Umfallen morscher Bäume aus dem Wald auf ein unmittelbar angrenzendes Grundstück als solches begründet somit noch keine nachbarrechtliche Haftung nach dem ABGB. Aufgrund der Anwendung der für den Waldeigentümer günstigeren forstgesetzlichen Regelung bestanden somit keine besonderen Verkehrssicherungspflichten für ihn. Der Waldeigentümer blieb folglich haftungsfrei.