Gelebte Nachhaltigkeit
Seit Generationen werden unsere Wälder nachhaltig bewirtschaftet. Damit das auch in Zukunft so bleibt, muss zeitgerecht für eine Verjüngung des Waldes gesorgt werden. Dabei kann aufgeforstet oder naturverjüngt werden, auch Mischverfahren sind möglich. Nach dem Forstgesetz sind Fristen für die Wiederbewaldung zu berücksichtigen: bei der Aufforstung sind dies 5 Jahre, bei der Naturverjüngung 10 Jahre. Ähnlich unseren Säuglingen und Kleinkindern müssen die jungen Bäumchen gehegt und gepflegt werden. Sie müssen sich behaupten gegen Gräser, Kräuter und Sträucher. Dabei sind sie vielfältigen Gefahren ausgesetzt wie Pilzerkrankungen, Insektenbefall, Schäden durch Wild, Weidevieh u. dgl. Damit die kritische Jungwuchsphase schneller überwunden werden kann, sind verschiedene Kulturpflegemaßnahmen durchzuführen.
Schutz vor Wildtieren
Bei hohem Wilddruck – vor allem von Reh, Hirsch und Hase – wird es notwendig sein, die Bäumchen vor Verbiss und Verfegen zu schützen.
Eine einfache und bewährte Methode stellt hierbei das Verstreichen oder Spritzen gegen Verfegen und Verbiss mit dafür zugelassenen Mitteln dar. In aller Regel handelt es sich um Produkte auf Schaffettbasis. Dabei werden die Wildtiere durch den Geruch und Geschmack der Substanz vergrämt und somit ferngehalten. Statt Streich- oder Spritzmittel kann alternativ auch Schafwolle auf die zu schützenden Pflanzen aufgebracht werden.
Eine weitere Möglichkeit ist die Verwendung von Baumschutzsäulen oder -gittern. Auch diese sind gleichzeitig Verbiss- und Fegeschutz. Es gibt sie in unterschiedlichen Materialien und Höhen. Damit sich die Bäumchen auch mit dem angebrachten Schutz gesund entwickeln, ist eine Licht- und Luftdurchlässigkeit sehr wichtig.
Eine aufwändige, dafür aber sehr wirksame Methode stellt das Aufstellen von Zäunen dar. Sie müssen jedoch stabil und in ausreichender Höhe errichtet werden. Als rehwildsicher gilt dabei eine Höhe von 1,50 m, hochwildsicher sind mindestens 2 m. Soll der Zaun zusätzlich hasendicht sein, müssen zumindest die unteren 80 cm engmaschiger sein. Nicht sinnvoll erscheint eine Zaunerrichtung lediglich im Steilgelände sowie in Gebieten mit erfahrungsgemäß großen Schneehöhen im Winter.
Eine Schutzmaßnahme nur gegen Verbiss stellt der mechanische Knospenschutz dar. Dieser wird auf die Leittriebe aufgebracht in Form von Kunststoffkappen oder –manschetten.
Eine Schutzmaßnahme nur gegen Verfegen, ebenfalls mechanisch, stellt das Verpflochen dar. Hierbei werden rund um besonders gefährdete Baumarten wie Lärche, Rotkiefer und Zirbe 2-3 Holzpflöcke eingeschlagen.
Ausmähen oder Austreten
Gräser, Kräuter und Sträucher konkurrieren mit den jungen Bäumchen um Licht, Wasser und Nährstoffe. Es ist daher notwendig, die Forstpflanzen auszumähen. Ein Ausdunkeln und die Entwicklung von Krankheiten wie z. B. das Auftreten von Schimmelpilzen kann dadurch vermieden werden. Außerdem wird in den steileren und schneereichen lagen das Risiko von Schäden durch Schneeschub verringert: der gleitende Schnee bewirkt eine talseitige Schrägstellung der Bäume mit nachfolgendem Säbelwuchs. Im ungünstigsten Fall werden die Bäume samt Wurzeln komplett ausgehebelt. Sind die Forstpflanzen intensiv mit Begleitvegetation ineinander verwachsen, verstärkt sich dieser Effekt.
Am besten geschieht das Ausmähen mechanisch mit Sichel, Sense oder Freischneidegerät (aus ökologischen Gründen sollte auf eine chemische Unkrautbekämpfung gänzlich verzichtet werden). Der richtige Zeitpunkt dafür darf nicht verabsäumt werden, d. h. Durchführung jedenfalls bevor die Begleitvegetation die Höhe der jungen Bäumchen erreicht hat. Auf frischen, nährstoffreichen und somit gut wüchsigen Standorten kann es notwendig sein, mehrmals im Jahr auszumähen. Auf nährstoffärmeren Standorten hingegen ist ein Austreten der Forstpflanzen bereits ausreichend. Bei naturverjüngten Flächen unter Altholzschirm ist die Begleitvegetation auf Grund des geringeren Lichtangebotes häufig deutlich weniger üppig entwickelt. Ein Ausmähen oder Austreten ist daher dort nicht notwendig.
Grundsätzlich ist so vorzugehen, dass die Forstpflanzen lediglich ausgekesselt werden. Dabei ist der Begleitwuchs in einem schmalen Ring rund um die Bäumchen zu entfernen. Die dazwischen liegenden Flächen bleiben unbehandelt. Diese Technik bewirkt einerseits eine deutliche zeitersparnis. Andererseits wird ausreichend Wildäsung belassen und somit der Verbissdruck auf die Baumverjüngung verringert. Ein flächiges Entfernen der Begleitvegetation kann unter Umständen notwendig werden z. B. auf stark vergrasten Flächen, da hier die Gefahr von Mäusefraßschäden besteht.
Achtung Gefahr: Großer brauner Rüsselkäfer!
Mit Fichte oder Kiefer aufgeforstete Flächen können von diesem Schädling betroffen sein. Dabei entwickeln sich die Käfer vom Ei über die Larve bis zum fertigen Insekt in frischen Stöcken. Ab April/Mai fressen die Käfer dann bevorzugt an jungen Stämmchen und Trieben von Fichte und Kiefer. Dabei wird die Rinde platzartig abgenagt und dadurch der Saftstrom unterbrochen, bei starkem Befall sterben die jungen Forstpflanzen ab. Naturverjüngte Flächen sind deutlich weniger von dem Schädling betroffen. Als Gegenmaßnahme soll vor der Aufforstung von Fichte und Kiefer eine bis zu 3 Jahre andauernde Schlagruhe eingehalten werden. Ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich in dieser Zeit eine üppige Schlagvegetation entwickelt, können die Forstpflanzen auch ohne Einhaltung der Schlagruhe gesetzt werden. In diesem Fall sind sie jedoch unter Verwendung eines zugelassenen Insektizides vorbeugend zu spritzen oder zu tauchen. Die Jungbestände sind zudem laufend auf Rüsselkäferbefall zu kontrollieren.
Weitere Maßnahmen in der Kulturpflege
Ist ersichtlich, dass sich beschädigte, kranke oder schlecht geformte Bäume auf der Jungwuchsfläche befinden, sind diese nicht unbedingt gleich gänzlich zu entfernen aber zumindest zu köpfen. Damit kann vermieden werden dass sich unerwünschte Baumverjüngung – auch in Form von nicht gewollter Naturverjüngung – zu einer Konkurrenz für gesunde, ungeschädigte und qualitativ hochwertige Forstpflanzen entwickelt.
Ist die Verjüngung bereits gesichert – dies ist in aller Regel der Fall bei einer Baumhöhe von 1,30 m – kann eine z. B. durch Verbiss von Wild- und Weidetieren verursachte Zwieselbildung beseitigt werden. Dabei ist einer von beiden Trieben mit einer Baumschere abzuzwicken. Formschnitt und Astung werden speziell bei wertvollen Laubhölzern durchgeführt. Passiert dies rechtzeitig, kann schon sehr früh eine wertmindernde Grobastigkeit sowie eine schlechte Schaftform im wertvollsten untersten Stammteil vermieden werden.
Handelt es sich auf der Jungwuchsfläche um einen Mischwald, kann bereits frühzeitig eine Mischwuchsregulierung notwendig werden. Vor allem ist in den oft sehr stammzahlreichen Naturverjüngungen dafür Sorge zu tragen, dass einzeln vorkommende oder konkurrenzschwächere Baumarten im Bestand erhalten werden können. Optimaler Weise ist jedoch eine gruppen- oder horstweise Mischung der auf der Fläche vorkommenden Baumarten anzustreben. Dadurch kann der zukünftig anfallende Pflegeaufwand deutlich verringert werden.
Dipl.-Ing. Gottfried Schatteiner